von Nathalie Gonashvili
Die Literatur hilft uns die kulturellen Grenzen zu überwinden. Einerseits, wenn sich Schriftsteller mit den internationalen Themen befassen, wird ihre Schreiben nicht nur für die spezifische Kultur (die sie vertreten) relevant, sondern auch für alle Menschen auf der ganzen Welt. Andererseits, können Menschen durch ihre mentale Reise des Lesens dem Leben anderer begegnen. Die Literatur schafft ein Netzwerk, das Menschen auf der ganzen Welt verbindet. Um sich mit dem Thema Weltliteratur auseinanderzusetzen, sind zunächst die Themen Exil und Sprache von zentraler Bedeutung. Ist es für einen Autor unvermeidlich, seine Identität zu ändern, wenn er außerhalb seiner Heimat lebt?
Viele Schriftsteller verlassen freiwillig oder gezwungenermaßen ihre Herkunftsländer. Das ist
ein schwieriger Prozess, weil sie sich in eine ganz neue Umgebung integrieren müssen. Diese radikale Veränderung erfordert fast immer den Wechsel der Werte, der Mentalität und der Weltauffassungen eines Einwanderers. Die Verwendung der Muttersprache, die ein untrennbarer Teil der Identität ist, bleibt immer herausfordernd. Um seine Emotionen und Gedanken am besten und am wirkungsvollsten wiederzugeben, schreibt ein Schriftsteller in einer Sprache, mit der er am einfachsten (oder natürlichsten) seine Ideen ausdrücken kann. Es kann die Muttersprache oder eine andere assimilierte Sprache sein. Um über dieses Thema nachzudenken, sollten wir die einzelnen Beispiele analysieren.
Nino Haratischwili wurde in Georgien geboren. Sie war 12 Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter
nach Deutschland zog. Sie schreibt nur auf Deutsch und jetzt lebt sie als freie Regisseurin und Autorin in Hamburg. Sie beschäftigt sich oft mit den wichtigen politischen und sozialen
Prozessen der beiden Länder. Sie hat in einem Interview über diesen Wechsel der Perspektive erwähnt: “Ich habe die Dinge besser verstanden und die Zusammenhänge besser erkannt”. Es ist wichtig zu fragen: Gilt Nino Haratischwili, die aus Georgien kommt und über Georgien schreibt als deutsche Autorin, weil sie in deutscher Sprache schreibt?
Die Frage der Sprache und der Identität ist auch wichtig, wenn wir an Vladimir Nabokovs Werke denken. Vladimir Nabokov wurde im russischen St. Petersburg geboren. Seine Kindheit war von der europäischen Gesinnung der Familie geprägt: er wurde von französischen, russischen und englischen Lehrern und Gouvernanten mehrsprachig erzogen. Er hat in England, in Deutschland und in den Vereinigten Staaten gelebt. Und durch das Schreiben hat er auch seine Muttersprache verwendet. In den Vereinigten Staaten war sein Publikum anders und um sich an die neue Realität anzupassen, schrieb er in der Sprache seiner Leser. Vielleicht ist Englisch für ihn die mächtigste Sprache geworden. Die neue Sprache half ihm auch, das internationale Publikum zu erreichen. Warum ist die Wahl der Sprache dann so wichtig? Es hängt davon ab, was ein Schriftsteller damit sagen will und an wem. Vielleicht hängt es nicht von der Sprache ab, sondern es geht um die Verbindungen, die er zwischen seiner Vorstellungskraft, den Bildern und den Worten herstellt. Dafür sagte er in einem Interview: “Ich denke nicht durch die Sprache, sondern durch die Bilder”.
Dieses Beispiel zeigt, wie ein Schriftsteller zum Weltbürger werden kann. Diese Annahme führt uns zu der Abschlussfrage: was macht die Literatur universell? Wenn der Autor in der Lage ist, das Spektrum der Beobachtungen zu erweitern (wie im Fall von Nino Haratischwili), oder wenn er mit dem internationalen Hintergrund die universelle Sprache der Bilder verwendet (wie Vladimir Nabokov das erfolgreich geschafft hat), wird er zum Repräsentanten der Welt und nicht nur zum Repräsentanten einer bestimmten Kultur. Es ist nicht wichtig, welche Sprache der Autor verwendet, wenn die Themen, mit denen er sich befasst, universell sind. In diesem Fall, ist die Sprache keine kulturelle Begrenzung, sondern das Mittel für alle zu sprechen.
Ich glaube, dass die Teile der Identität nicht festgelegt sind. Die Schriftsteller und die Leser
haben die einzigartige Fähigkeit, sie durch das Netzwerk der Literatur zu verändern. Auf diese Weise kann uns die Literatur helfen, die kulturellen Grenzen zu überwinden.